Sozialversicherungsbescheinigung hat hohe Bindungswirkung

Quelle: pexels.com
Quelle: pexels.com

Wie wir gestern berichteten, sieht Generalanwalt Øe in der Rechtssache (C-527/16) grundsätzlich die ausstellende Krankenkasse der Sozialversicherungsbescheinigung eines Mitgliedstaats bis auf Widerruf als zuständig an.

Der EuGH (Urt. v. 6.2.2018 – C-359/16) schließt sich dieser Rechtsauffassung in einem weiteren Verfahren wohl an. Etwas anderes soll nur bei betrügerischer oder missbräuchlicher Ausnutzung der Vorschriften der EU gelten.

In dem nun vom EuGH entschiedenen Fall übte ein bulgarisches Unternehmen seine Hauptgeschäftstätigkeit in Belgien aus und wurde von einem belgischen Unternehmen für bauliche Tätigkeiten beauftragt. Im Inland war der bulgarische Betrieb hingegen überhaupt nicht tätig. Gleichwohl waren die beschäftigten Arbeitnehmer in Bulgarien sozialversichert. Im Anschluss baten die belgischen Behörden um erneute Prüfung und Widerruf der ausgestellten Sozialversicherungsbescheinigungen. Der bulgarische Träger reagierte hierauf unzureichend.

In einem zu diesem Sachverhalt anhängigen Strafverfahren ging es nun um die Frage, ob die ausgestellten bulgarischen Sozialversicherungsbescheinigungen Bindungswirkung für Belgien entfalten oder ob ein Sozialbetrug vorliegt.

Der EuGH weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit grundsätzlich von der ordnungsgemäßen Ausstellung einer Sozialbescheinigung auszugehen ist. Auf der anderen Seite lässt sich aus der loyalen Zusammenarbeit aber auch herauslesen, dass ausländische Sozialträger eine erneute Prüfung vornehmen müssen, sofern Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen.

Herrscht Uneinigkeit über die Rechtmäßigkeit, sind zwar die unionsrechtlichen Streitbeilegungsverfahren einzuhalten. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der ausländische Sozialträger innerhalb einer bestimmten Frist keine Stellung bezieht. Sofern weitere Anhaltspunkte den Verdacht erhärten, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht vorliegt, ist die Bindungswirkung hingegen aufgehoben. Hierbei handelt es sich laut EuGH um einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts.

Dem Urteil vom heutigen Tage ist somit zu entnehmen, dass grundsätzlich eine ausgestellte Sozialversicherungsbescheinigung hohe Bindungswirkung bei EU-Mitgliedsstaaten entfaltet. Wenn allerdings betrügerische oder missbräuchliche Anhaltspunkte vorliegen und der ausstellende Träger nicht innerhalb einer Frist dezidiert auf eine erbetene Prüfung reagiert, entfällt diese Bindungswirkung.  

Ein Überblick über die drei Teilbereiche des „Kollektiven Arbeitsrechts“: Betriebsverfassungsrecht (BetrVG, SprAuG, EBRG), Unternehmensmitbestimmungsrecht (DrittelbG, MitbestG, Montan-MitbestG), Tarifvertrags- und Arbeitskampfrecht (TVG, Artikel 9 III GG)

Printer Friendly, PDF & Email

Die Idee des sog. „Menstruationsurlaubs“ für Arbeitnehmerinnen hat in den letzten Jahren sehr viel Aufmerksamkeit erhalten. Während in einigen

Ein Arbeitgeber hat keinen Anspruch auf Entschädigungszahlungen nach dem Infektionsschutzgesetz, sofern sein Arbeitnehmer während einer

Nach Deutschland in einen Privathaushalt entsandte ausländische Betreuungskräfte haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für geleistete

Der Fachkräftemangel stellt die deutsche Wirtschaft noch immer vor Probleme. Vor allem in den akademischen MINT-Berufen besteht auf Grund der

Die vereinbarte Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung ist regelmäßig eine Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung und damit

Die Sozialversicherungspflicht aufgrund Beschäftigung von Ortsvorstehern und Bürgermeistern ist nicht ausgeschlossen, weil sie ihre Tätigkeit zugleich