Auch wenn ein Arbeitnehmer von sich aus sein Arbeitsverhältnis beendet, hat er nach einer Entscheidung des EuGH Anspruch auf eine finanzielle Vergütung, wenn er seinen bezahlten Jahresurlaub ganz oder teilweise nicht verbrauchen konnte (Urt. v. 20.7.2016 – C-341/15). Mit diesem Urteil schreibt der EuGH seine Urlaubsrechtsprechung weiter fort.
Ein Beamter der Stadt Wien wurde auf seinen Antrag in den Ruhestand versetzt. Vorher war vom 15.11. bis zum 31.12.2010 arbeitsunfähig und ab dem 1.1.2011 bis zum Eintritt in den Ruhestand am 1.7.2012 aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber unter Fortzahlung seines Entgelts nicht zum Dienst erschienen. Anschließend verlangte der Beamte finanzielle Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub, da er kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand erneut erkrankt sei. Sein Arbeitgeber wies das zurück, da nach der Besoldungsordnung der Stadt Wien ein Arbeitnehmer, der von sich aus das Arbeitsverhältnis beende, keinen Anspruch auf eine solche Vergütung habe.
Das VG Wien legte dem EuGH die Frage vor, ob eine solche Regelung mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
Die Luxemburger Richter stellten fest, dass die österreichische Regelung der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) widerspricht. Nach dessen Art.7 hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen, unabhängig vom Gesundheitszustand. Wenn das Arbeitsverhältnis beendet wurde und es deshalb nicht mehr möglich ist, bezahlten Jahresurlaub tatsächlich zu nehmen, hat der Beschäftigte Anspruch auf eine finanzielle Vergütung. Dabei kommt es nicht auf den Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses an.
Zudem hat ein Mitarbeiter beim Eintritt in den Ruhestand Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bezahlten Jahresurlaub, den er aus Krankheitsgründen nicht nehmen konnte. Denn der Anspruch auf Jahresurlaub verfolgt einen doppelten Zweck, der darin besteht, sich zum einen zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen.
Arbeitnehmer, die nach einer mit ihrem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung während eines Zeitraums vor ihrer Versetzung in den Ruhestand weiterhin ihr Entgelt beziehen, aber verpflichtet sind, nicht an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen, haben demnach keinen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den während dieses Zeitraums nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub, es sei denn, dass sie den Urlaub wegen Krankheit nicht nehmen konnten. Hierüber muss das VG Wien nun noch weitere Feststellungen treffen.
In Deutschland wären die gesetzlichen Urlaubs- (und damit auch Abgeltungs-) Ansprüche 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres aufgrund der Rechtsprechung des BAG im Nachgang zur Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH verfallen.
Weiterführende Links:
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=18...
http://www.arbeit-und-arbeitsrecht.de/kommentare/untergang-des-ur...
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