BAG: Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung nichtig

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Enthält die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots entgegen § 110 GewO i. V. m. § 74 Abs. 2 HGB keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf Karenzentschädigung, so ist sie nichtig. Die Parteien können dann laut einem Urteil des BAG vom 22.3.2017 (10 AZR 448/15) aus einer entsprechenden Abrede keinerlei Rechte herleiten. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthaltene salvatorische Klausel führt auch nicht zur Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots, weder umfassend, noch einseitig zugunsten des Mitarbeiters.

Eine Industriekauffrau war bis Ende 2013 bei der Beklagten beschäftigt. Die Angestellte kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich. Ein im Arbeitsvertrag vereinbartes Wettbewerbsverbot sah vor, dass sie für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Vertrags weder selbstständig, unselbstständig noch in sonstiger Weise für ein Unternehmen, das mit der beklagten Arbeitgeberin in direktem oder indirektem Wettbewerb steht, tätig werden darf. Die Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung war auf 10.000 Euro festgesetzt. Eine Karenzentschädigung war im Arbeitsvertrag nicht vorgesehen. Dessen Nebenbestimmungen enthalten eine salvatorische Klausel, wonach der Vertrag i. Ü. unberührt bleiben soll, wenn eine Bestimmung nichtig oder unwirksam ist. An die Stelle der nichtigen oder unwirksamen Bestimmung solle eine angemessen Regelung treten, die – soweit rechtlich möglich – dem von den Vertragsparteien Gewollten am nächsten kommt oder diese nach dem Sinn und Zweck des Vertrags gewollt hätten, sofern sie beim Vertragsschluss die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit bedacht hätten.
Die Klägerin hielt das Wettbewerbsverbot ein und verlangte für das Jahr 2014 und 2015 eine monatliche Karenzentschädigung i. H. v. 604,69 Euro brutto. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Das BAG versagte jedoch seine Zustimmung. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg.

Wettbewerbsverbote, die keine Karenzentschädigung vorsehen, sind nichtig. Der Arbeitgeber kann dann nicht die Unterlassung von Wettbewerb verlangen und der Arbeitnehmer hat im Gegenzug auch bei Einhaltung des Verbots keinen Anspruch auf Karenzentschädigung. Eine in den AGBs enthaltene salvatorische Klausel kann den Verstoß gegen § 74 Abs. 2 HGB nicht heilen und führt zur Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots. Da der Betroffene spätestens unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Entscheidung über die Einhaltung des Verbots treffen muss, hat sich die (Un-)Wirksamkeit aus der Vereinbarung selbst zu ergeben. Das ist bei einer salvatorischen Klausel nicht realisierbar, da hier im Nachhinein eine wertende Entscheidung über wesentliche Fragen getroffen werden muss.

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