Geleitwort: Employer Branding

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 Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch - Direktor des Instituts für Marken- und Kommunikationsforschung, EBS Business School, Oestrich-Winkel; Gründer, ESCH. The Brand Consultants GmbH, Saarlouis
Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch - Direktor des Instituts für Marken- und Kommunikationsforschung, EBS Business School, Oestrich-Winkel; Gründer, ESCH. The Brand Consultants GmbH, Saarlouis

Der Kampf um Mitarbeiter wird zunehmend härter. Seit Jahren signalisiert die Alterspyramide diese Herausforderung. In einigen Branchen und Unternehmen kann dies nicht nur Wachstumsbegrenzer sein, sondern sogar zum Kollaps führen. McDonald‘s sieht schon in zwei Jahren Engpässe bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter in Deutschland. Entsprechend stark engagiert sich das Unternehmen im Employer Branding. McDonald‘s ist allerdings eher die Ausnahme als die Regel. In unserer Studie aus 2014 messen nur 24 % der Manager (n=175, Mittelstand bis DAX30) dem Employer Branding aktuell ausreichend Bedeutung in ihrem Unternehmen zu und dies, obwohl 58 % einen signifikanten Beitrag zum Unternehmenserfolg sehen. Entsprechend wird der Employer-Branding-Prozess nur von wenigen Arbeitgebern konsequent verfolgt. Über alle Phasen und Prozessschritte hinweg zeigen sich große Lücken von bis zu 50 % vom eigentlichen Potenzial. Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander.
Untersucht man den Prozess des Employer Brandings, zeigt sich bereits beim ersten Schritt – der internen Analyse – eine oft bruchstückhafte Bestandsaufnahme. Die Exploration der Arbeitgebermarke aus Sicht der Mitarbeiter ist allerdings notwendig, um charakteristische Merkmale der Employer Brand zu identifizieren. Mangelnde Erdung und eine von der Realität abgehobene Employer Brand, mit der sich Arbeitnehmer
nicht identifizieren können, sind oft die Folge. Da es sich bei der Employer Brand um eine Übersetzung der Corporate Brand für potenzielle, aktuelle und ehemalige Beschäftigte handelt, gilt es zudem, die für die Employer Brand definierten Merkmale von Anfang an mit den wesensprägenden Merkmalen der Corporate Brand abzugleichen. Nur so kann ein konsistentes Markenerleben nach innen und außen erreicht werden. Ein konsequentes Zusammenarbeiten von Marketing und Personal ist hierbei erfolgsentscheidend.
Im nächsten Schritt gilt es, die Sichtweise der Zielgruppen zu explorieren. Auch hier zeigen sich vorwiegend rudimentäre Kenntnisse. Allgemein zugängliche Studien zu Arbeitgeberimage und Arbeitnehmerbedürfnissen können zwar erste Erkenntnisse liefern, spezifische Bedürfnisse der anvisierten Zielgruppe werden auf diese Weise allerdings kaum gewonnen. Weiter empfiehlt sich eine Wettbewerbsanalyse. Allgemeinplätze können somit vermieden und Relevanz gesichert werden.
Die Synthese der internen und externen Analyse bildet die Grundlage für die Entwicklung der Employer-Branding-Strategie. Fokussiert wird diese in einem zentralen Arbeitgeberversprechen, der Employer-Value-Proposition (EVP). Diese sollte zwei Fragen beantworten: „Warum soll ein Bewerber kommen?“ und „Warum sollen die Mitarbeiter bleiben?“ Auf diese Weise wird eine differenzierende wie präferenzbildende Employer Brand entwickelt, die sowohl nach innen wie nach außen strahlt.
Aktuell erweist sich die Umsetzung der Employer Brand allerdings als die größte Achillesferse. Wer kennt sie nicht, die lachenden Menschen, die politisch korrekte Darbietung von Männern und Frauen verschiedener Hautfarbe, die für Work-Life-Balance und Teamarbeit stehen. Hier nutzt leider die schönste Strategie nichts, werden Allgemeinplätze durch generische Bilder vermittelt, anstatt die EVP konsequent in eine eigene Bildsprache mit klaren Nutzenversprechen umzusetzen. Eine Orientierung am Vorgehen erfolgreicher Benchmarks, wie IKEA oder Audi, die systematisch über alle Kontaktpunkte einen differenzierenden und relevanten Auftritt realisieren, der nahtlos an der Unternehmensmarke anknüpft, kann hier helfen. Beim professionellen Aufbau einer attraktiven Employer Brand handelt es sich um einen umfassenden wie langfristigen Prozess. Aber es lohnt sich: Die Employer Brand zahlt sowohl auf die Arbeitgeberattraktivität, eine bessere Passung sowie die Qualität der Bewerber ein. Eine starke Arbeitgebermarke erhöht also nicht nur die Anzahl der Bewerbungen, sondern senkt gleichzeitig den Aufwand für das Recruiting durch die bessere Passung der Bewerber zum Unternehmen. Der Marken-Fit der Mitarbeiter führt weiter zu einer Reduktion der Fehl- und Fluktuationskosten, erhöht das Commitment und steigert Motivation und Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer.

Fazit: Die Analyse des Status quo des Employer Brandings offenbart viele Handlungsfelder und gleichzeitig das große Potenzial. Mit der richtigen Strategie können Right Potentials, die nicht nur im Kopf, sondern auch mit dem Herzen bei der Sache sind, gewonnen und gleichzeitig das Commitment der Mitarbeiter gesteigert werden.

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Redaktion (allg.)

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