Verweisungsklausel auch nach Betriebsübergang dynamisch

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Haben der Betriebsveräußerer und ein Arbeitnehmer einzelvertraglich eine Klausel vereinbart, die dynamisch auf einen Tarifvertrag verweist, so verliert diese Vereinbarung ihre Dynamik im Arbeitsverhältnis mit dem Betriebserwerber nicht wegen des Betriebsübergangs. Das geht aus einem Urteil des BAG vom 30.8.2017 (4 AZR 95/14) hervor.

Im Arbeitsvertrag der seit 1986 als Stationshilfe in einem Krankenhaus beschäftigten Klägerin ist eine Verweisung auf den Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter/Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31.1.1962 (BMT-G II) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge vereinbart. Zunächst war ein Landkreis (Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband [KAV]) Träger des Krankenhauses. Nach der Privatisierung wurde das Haus von einer GmbH betrieben, die auch tarifgebunden war. Als der Betriebsteil in dem die Angestellte arbeitete im Jahr 1997 an eine GmbH ausgegliedert wurde, die nicht KAV-Mitglied war, vereinbarte diese mit der Klägerin auf Grundlage eines mit der Veräußererin und ihrem Betriebsrat geschlossenen Personalüberleitungsvertrags, dass „der BMT-G II in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge" für das Arbeitsverhältnis der Klägerin „weiterhin" Anwendung findet. Sechs Jahre wurde der BMT-G II weiter dynamisch angewandt. Zum 1.7.2008 ging das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte über, die das Arbeitsverhältnis weiter nach dem BMT-G II durchführte. Die Klägerin wollte sodann erreichen, dass der TVöD-VKA und TVÜ-VKA auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Anders als die Beklagte meint sie, dass diese Tarifverträge den BMT-G II ersetzten und auf das Arbeitsverhältnis dynamisch anwendbar seien. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Nachdem das BAG mit Beschluss vom 17.6.2015 (4 AZR 95/14 [A]) den EuGH um eine Vorabentscheidung zur Vereinbarkeit seiner Auslegung von § 613a Abs. 1 BGB mit dem Unionsrecht ersucht hatte, erklärte der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 27.4.2017 (C-680/15), dass die RL 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegen steht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht.

Die Revision der Beklagten vor dem BAG war erfolglos. Die zuvor für die Beteiligten verbindlich vereinbarte Bezugnahmeklausel wirkt auch weiterhin dynamisch. Nach nationalem Recht kann ein Betriebserwerber sowohl einvernehmlich (durch Änderungsvertrag) als auch einseitig (Änderungskündigung nach § 2 KSchG) Anpassungen der Arbeitsvertragsbedingungen vornehmen. Inwiefern vorliegend eine Änderungskündigung sozial gerechtfertigt gewesen wäre, bedurfte keiner Entscheidung. Eine Änderungskündigung wurde von der Beklagten nicht ausgesprochen.

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