Leiharbeitsrichtlinie auf Rotkreuzschwestern anwendbar

Quelle: pixabay.com
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Mitgliedern einer Schwesternschaft stehen im Rahmen ihrer Tätigkeit im Pflegebereich besondere Rechte zu, ihnen kommen insbesondere arbeits- und sozialrechtliche Schutzbestimmungen zugute. Die Schwesternschaft übt eine wirtschaftliche Tätigkeit aus. Das führt dazu, dass die Frauen als Arbeitnehmer i. S. d. Leiharbeitsrichtlinie 2008/104 angesehen werden können, selbst wenn dies dem deutschen Recht widerspricht. Abschließend wird dies das BAG klären müssen. Es ist Sache der nationalen Gerichte die konkreten Voraussetzungen für die Arbeitnehmereigenschaft zu prüfen. Das geht aus einem Urteil des EuGH vom 17.11.2016 (C-216/15) hervor. Anlass war eine Vorlagefrage des BAG (Beschl. v. 17.3.2015 – 1 ABR 62/12 [A]).

Im Ausgangsverfahren streitet der Betriebsrat der Ruhrlandklinik gGmbH und die Ruhrlandklinik gGmbH um die Frage, ob Mitglieder einer Schwesternschaft des Deutschen Roten Kreuzes Arbeitnehmer i. S. d. Leiharbeitsrichtlinie 2008/104 sind. Eine Rotkreuzschwester sollte auf Grundlage eines Gestellungsvertrags zwischen der DRK-Schwesternschaft Essen e. V. und der Klinik bei dieser im Pflegedienst tätig werden. Die Zustimmung hierzu verweigerte der Betriebsrat jedoch. Der Einsatz sei nicht nur vorübergehend. Der Klinikbetreiber wendet dagegen ein, das AÜG finde gar keine Anwendung. Die Betroffene sei keine Arbeitnehmerin, sondern „nur“ Mitglied der Schwesternschaft. Das BAG musste nun klären, ob die Schwester dennoch Arbeitnehmerin i. S. d. Leiharbeitsrichtlinie 2008/104 sein kann. Hierzu legte er folgende Frage an den EuGH vor:

„Findet Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/104 Anwendung auf die Überlassung eines Vereinsmitglieds an ein anderes Unternehmen zur Arbeitsleistung nach dessen fachlicher und organisatorischer Weisung, wenn sich das Vereinsmitglied bei seinem Vereinsbeitritt verpflichtet hat, seine volle Arbeitskraft auch Dritten zur Verfügung zu stellen, wofür es von dem Verein eine monatliche Vergütung erhält, deren Berechnung sich nach den für die jeweilige Tätigkeit üblichen Kriterien richtet, und der Verein für die Überlassung den Ersatz der Personalkosten des Vereinsmitglieds sowie eine Verwaltungskostenpauschale erhält?“
In seinem Urteil antwortete der EuGH wie folgt: „Art. 1 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit ist dahin auszulegen, dass die durch einen Verein, der keinen Erwerbszweck verfolgt, gegen ein Gestellungsentgelt erfolgende Überlassung eines Vereinsmitglieds an ein entleihendes Unternehmen, damit das Mitglied bei diesem hauptberuflich und unter dessen Leitung gegen eine Vergütung Arbeitsleistungen erbringt, in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, sofern das Mitglied aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden Mitgliedstaat geschützt ist, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. Dies gilt auch, wenn das Mitglied nach nationalem Recht kein Arbeitnehmer ist, weil es mit dem Verein keinen Arbeitsvertrag geschlossen hat.“

Demnach kann man davon ausgehen, dass die Schwestern Arbeitnehmer i. S. d. Richtlinie sind. Der Beitritt in die als Verein ausgestaltete Schwesternschaft verpflichtet die Mitglieder zur Ableistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit. Gegenleistung ist eine monatliche Vergütung. Zudem sind sie aufgrund der so erbrachten Arbeitsleistung in Deutschland besonders geschützt: Es gelten zwingende arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen und es wird bspw. Urlaub und Entgeltfortzahlung gewährt. Letztlich wird von der Schwesternschaft auch eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt. Sie überlässt Pflegepersonal an entsprechende Einrichtungen in Deutschland und erhält hierfür ein Gestellungsentgelt. Ein Erwerbszweck ist nicht erforderlich.

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