Körperliche Durchsuchung als Arbeitsunfall

Quelle: pixabay.com
Quelle: pixabay.com

Ein Arbeitnehmer, der allein infolge seiner beruflichen Tätigkeit polizeilichen Maßnahmen ausgesetzt ist und hierdurch einen Gesundheitsschaden erleidet, kann dies als Arbeitsunfall anerkennen lassen. Das geht aus einem Urteil des Hessischen LSG vom 17.10.2017 (L 3 U 70/14) hervor, wie die Pressestelle des Gerichts Anfang November mitteilt.

Eine Mitarbeiterin der Deutschen Bahn arbeitete am Service-Point des Bahnhofs am Flughafen Frankfurt am Main. Die Bahnsteigaufsicht übergab ihr während ihrer Tätigkeit einen Rucksack. Der Inhalt wurde im Beisein eines Kollegen dokumentiert. Als im Nachgang festgestellt wurde, dass Geld, Schmuck und eine Festplatte fehlten, wurde die Angestellte auf das Polizeirevier mitgenommen. Hier musste sie sich komplett entkleiden und einer Leibesvisitation unterziehen. Es handelte sich um eine ungerechtfertigte Maßnahme, aufgrund derer die 44-jährige Frau eine psychische Erkrankung erlitt.
Die Unfallversicherung verweigerte die Anerkennung als Arbeitsunfall. Die polizeiliche Kontrolle sei eine private Verrichtung gewesen, die den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz unterbreche.

Das sah das Hessische LSG anders und verurteilte die Unfallversicherung zur Anerkennung der polizeilichen Maßnahme als Arbeitsunfall. Auslöser und Ursache für die Durchsuchung war allein die berufliche Tätigkeit der Frau. Sie hatte ordnungsgemäß und den dienstlichen Vorschriften entsprechend ihr Tätigkeit ausgeführt. Privat veranlasste Handlungen, die Anlass der polizeilichen Maßnahmen hätten sein können, lagen nicht vor. Die Durchsuchung führte unmittelbar zu Gefühlen des Ausgeliefertseins, der Hilflosigkeit und Ohnmacht bei der betroffenen Mitarbeiterin. Ein Gesundheitsschaden liegt mithin vor.
Anders ist dies nur dann zu beurteilen, wenn sich etwa ein Arbeitnehmer bei einer Verkehrskontrolle der Blutentnahme entzieht oder ein Versicherter seinen Ausweis im Rahmen einer Fahrkartenkontrolle nicht vorzeigen will und es bei der anschließenden polizeilichen Festnahme zu Verletzungen kommt.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Kein Papier mehr? Dann ist AuA-Digital genau das Richtige für Sie. Einfach 60 Tage kostenlos testen. Nutzen Sie die papierlose Abrufbarkeit von tausenden Fachinformationen und Entscheidungs-Kommentaren.

Printer Friendly, PDF & Email

Im Jahr 2021 gab es etwa 97,3 Millionen Versicherungsverhältnisse (ohne Schüler-Unfallversicherung) in der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung

Eine Arbeitsplatzbewerberin steht bei der Besichtigung des Unternehmens im Rahmen eines eintägigen unentgeltlichen „Kennenlern-Praktikums“ unter dem

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf unseren Alltag sind vielschichtig, insbesondere die Arbeitswelt ist immer wieder betroffen. So ist

Der 3. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass ein Fischer, der sich bei Ausübung seiner Tätigkeit eine Blase am

Ein Beschäftigter, der auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Bett ins Homeoffice stürzt, ist durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt

Seit 1. September und (zunächst) bis 28. Februar 2023 legt die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen