EuGH: Arbeitgeber dürfen Kopftücher verbieten

Quelle: pixabay.com
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Eine unternehmerische Regel, die das sichtbare Tragen jedes politischen, philosophischen oder religiösen Zeichens verbietet, stellt keine unmittelbare Diskriminierung dar. Das hat der EuGH in zwei Urteilen vom 14.3.2017 (C-157/15, C-188/15) entschieden.

In der ersten Rechtssache (C-157/15) ging es um eine Frau muslimischen Glaubens, die 2003 als Rezeptionistin in einem belgischen Sicherheitsunternehmen ihre Tätigkeit aufgenommen hatte. 2006 kündigte sie an, ein islamisches Kopftuch während des Dienstes tragen zu wollen. Dem widersprach das Unternehmen, weil es im Kundenkontakt Neutralität wahren will. In der Arbeitsordnung heißt es dazu u. a.: „Es ist den Arbeitnehmern verboten, am Arbeitsplatz sichtbare Zeichen ihrer politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen zu tragen und/oder jeglichen Ritus, der sich daraus ergibt, zum Ausdruck zu bringen“. Da die Beschäftigte weiterhin darauf bestand, das Kopftuch zu tragen, wurde sie entlassen. Gegen die Kündigung erhob sie Klage vor den belgischen Gerichten. Der Kassationshof Belgien fragte beim EuGH nach der Auslegung der Richtlinie 2000/78/EG über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf und wollte wissen, ob das Verbot eine unmittelbare Diskriminierung darstellt.
Der EuGH verneinte dies. Die vorliegende interne Regelung begründet keine unmittelbar auf der Religion oder der Weltanschauung beruhende Ungleichbehandlung i. S. d. Richtlinie. Denn die Regelung bezieht sich unterschiedslos auf jede Bekundung von Überzeugungen. Die Arbeitnehmer des Unternehmens werden demnach gleich behandelt, wenn ihnen allgemein und undifferenziert vorgeschrieben wird, sich neutral zu kleiden.

Im zweiten Fall (C-188/15) hatte eine Bewerberin vor ihrer Anstellung in einem französischen Softwareunternehmen im Oktober 2007 einen Vertreter ihres zukünftigen Arbeitgebers auf einer Studierendenmesse getroffen. Dieser hatte sie darauf hingewiesen, dass das Tragen von islamischen Kopftüchern Probleme bereiten könnte, wenn sie mit Kunden in Kontakt trete. Zwar stellte man die Frau ein, die während ihres vorangegangenen Praktikums noch ein sog. einfaches Bandana trug. Während sie sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis als Softwaredesignerin befand – sie trug nun ein islamisches Kopftuch am Arbeitsplatz – beschwerte sich aber ein ihr zugewiesener Kunde aus Toulouse über die „Verschleierung“. Das Unternehmen bat die Angestellte das Kopftuch abzunehmen und argumentierte mit dem Grundsatz notwendiger Neutralität im Verhältnis zu den Kunden. Dem kam sie nicht nach, was die Kündigung zur Folge hatte. Der mit dem Rechtsstreit befasste Kassationsgerichtshof wollte vom EuGH wissen, ob die Anweisung des Arbeitgebers aufgrund der Bitte des Kunden als „wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ i. S. d. Richtlinie angesehen werden kann.
Das verneinten die Luxemburger Richter. Allein der Wille, einem besonderen Kundenwunsch nachzukommen, reicht nicht aus, um das ausgesprochene Kopftuchverbot zu rechtfertigen. Vielmehr muss sich der Arbeitgeber auf eine interne Regel stützen können, die ein solches Verbot ausspricht. Hier ist aber nicht ganz klar, ob eine entsprechende interne Vorschrift wie im ersten Fall existiert. Der Wille eines Unternehmens, den Wünschen eines Kunden zu entsprechen, die Leistungen nicht mehr von Frauen ausführen zu lassen, die ein islamisches Kopftuch tragen, kann nicht als eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung i. S. d. oben genannten Richtlinie angesehen werden.

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