Befristung von Ärzten wegen Weiterbildung

Quelle: pixabay.com
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§ 1 Abs. 1 ÄArbVtrG setzt voraus, dass die beabsichtigte Weiterbildung die Beschäftigung des Arztes prägt. Es ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, zu dem die bestehenden Planungen und Prognosen heranzuziehen sind, die der Arbeitgeber anhand konkreter Tatsachen darzulegen hat. Es ist das Weiterbildungsziel zu benennen und mit welchem – nach der entsprechenden Weiterbildungsordnung vorgegebenen – Weiterbildungsbedarf dieses für den befristet beschäftigten Arzt angestrebt wurde. Zudem ist zu skizzieren, welche erforderlichen Weiterbildungsinhalte in welcher Zeit vermittelt werden sollen. Hierzu ist kein detaillierter Plan oder die Aufnahme eines solchen Plans in den Arbeitsvertrag notwendig. Das hat das BAG in einem Urteil vom 14.6.2017 (7 AZR 597/15) entschieden.

Ein die Befristung des Arbeitsvertrags rechtfertigender sachlicher Grund liegt nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG u. a. vor, wenn die Beschäftigung des Arztes der zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung zum Facharzt oder dem Erwerb einer Anerkennung für einen Schwerpunkt dient.
Eine Ärztin war in der Zeit vom 1.7.2012 bis 30.6.2014 befristet als teilzeitbeschäftigte Assistenzärztin bei der Beklagten tätig. Ziel des Anstellungsverhältnisses war laut Arbeitsvertrag der „Erwerb einer Zusatzbezeichnung, eines Fachkundenachweises oder eine Bescheinigung über eine fakultative Weiterbildung“. Tatsächlich sollte die Beschäftigung auch der Fortsetzung ihrer Weiterbildung im Schwerpunkt Gastroenterologie dienen. Die seit 16 Jahren approbierte Ärztin ist seit April 2007 Fachärztin für Innere Medizin. Für die Beklagte arbeitete sie zeitweise schon vor dem 1.7.2012. Mit ihrer Klage wendet sich die Medizinerin gegen die Wirksamkeit der Befristung. Diese sei nicht nach den Bestimmungen des ÄArbVtrG gerechtfertigt. Eine zeitlich und inhaltlich strukturierte Weiterbildung habe nicht stattgefunden. Wegen der Stationsarbeit konnten die erforderlichen Weiterbildungsinhalte nicht erworben werden. Das ArbG Heilbronn hat die Klage abgewiesen, das LAG Baden-Württemberg hat ihr stattgegeben.

Das BAG schloss sich der Vorinstanz an. Das Vorbringen der Beklagten genügte nicht, um festzustellen, ob im Zeitpunkt der Befristungsvereinbarung die Prognose gerechtfertigt war, dass eine zeitlich und inhaltlich strukturierte Weiterbildung die Beschäftigung der Klägerin prägen wird. Nur dann aber liegt ein Befristungsgrund nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG vor.

#ArbeitsRechtKurios: Amüsante Fälle aus der Rechtsprechung deutscher Gerichte - in Zusammenarbeit mit dem renommierten Karikaturisten Thomas Plaßmann (Frankfurter Rundschau, NRZ, Berliner Zeitung, Spiegel Online, AuA).

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