Koalitionsvertrag – ein arbeitsrechtlicher Überblick

Quelle: pixabay.com
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Die neue Bundesregierung in der 19. Legislaturperiode rückt immer näher. CDU/CSU und SPD konnten am Mittwoch einen Koalitionsvertrag aushandeln. Zudem kommen die Spekulationen über die Köpfe im Kabinett ins Rollen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) soll nach übereinstimmenden Medienberichten Eva Högl (SPD) übernehmen. Die Juristin war bereits von 1999-2009 für das BMAS tätig. Ab 2006 leitete sie das Referat "Europäische Beschäftigungs- und Sozialpolitik; Europabeauftragte". Seit 2009 sitzt Högl im Bundestag. Der Redaktion liegt ein Koalitionsvertrag im Entwurf vor. Wir fassen die wichtigsten Zielsetzungen aus Arbeitgeberperspektive zusammen:

Bessere Integration von Langzeitarbeitslosen
Die große Koalition plant, Langzeitarbeitslose durch Lohnkostenzuschüsse besser zu integrieren. Demnach orientieren sich die Lohnkostenzuschüsse am Mindestlohnen und sollen Arbeitgebern einen finanziellen Anreiz schaffen, Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Förderung des lebensbegleitenden Lernens
Im Zuge der Digitalisierung erhöht sich der Weiterbildungsbedarf. Hierzu sollen staatliche Förderungen der beruflichen Weiterbildung ausgeweitet werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Digitalisierung. Auf der anderen Seite möchte die GroKo aber auch Betriebsräte mit einem Initiativrecht zur Weiterbildung stärken. Insofern hat der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat über Weiterbildungsmaßnahmen zu beraten und eine Einigung zu treffen.

Gründung und Wahl vom Betriebsrat vereinfacht
Weiterhin soll die Gründung und Wahl der Betriebsräte vereinfacht werden. Fortan ist für Betriebe von 5-100 Arbeitnehmern das vereinfachte Wahlverfahren verpflichtend. Zudem will die Koalition für Betriebe mit Arbeitnehmern zwischen 101-200 Arbeitnehmern ein Wahlrecht schaffen. Danach kann gewählt werden, ob das vereinfachte oder allgemeine Wahlverfahren zur Anwendung kommt.

Regulierung von Kettenbefristung
Sachgrundlose Befristungen sind nur noch für die Dauer von 18 Monaten möglich. Zudem ist nur noch eine einmalige Verlängerung zulässig. 
Die Sachgrundbefristung wird ebenfalls eingeschränkt. So wird für diese nur noch eine Höchstdauer von maximal fünf Jahren zulässig sein. Eine mehrmalige Befristung ist in diesem Zeitraum weiterhin möglich. Zudem dürfen Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur 2,5 % der Belegschaft befristet beschäftigen.
Ebenso wird bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern die Tätigkeit als Leiharbeitnehmer auf die befristete Gesamtdauer angerechnet. In diesem Fall ist ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis erst nach einer Karenzzeit von drei Jahren möglich.

Öffnungsklausel bei der Arbeitszeit
Der Koalitionsvertrag spricht sich weiterhin teilweise für eine Öffnung der täglichen Arbeitszeit über acht Stunden aus. Zumindest sollen Abweichungen durch Tarifvertrag (wie etwa bei den Tarifverhandlungen Südwestmetall und ver.di) vom ArbZG möglich sein.

Einschränkung von Arbeit auf Abruf
Die Arbeit auf Abruf wird weiter eingeschränkt. Die vereinbarte Mindestarbeitszeit darf demnach wenigstens 20 % unterschreiten und höchsten 25 % überschreiten.

Befristeter, sachgrundloser Teilzeitanspruch
Die Koalition möchte zudem einen befristeten Teilzeitanspruch einführen. Danach haben Arbeitnehmer für eine Zeitspanne von einem bis fünf Jahren einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit. Der Anspruch besteht nur bei Unternehmen, die mehr als 45 Mitarbeiter beschäftigen. Für Unternehmen mit 46-200 Angestellten ist zudem Voraussetzung, dass die Verringerung zumutbar ist.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer hält den Koalitionsvertrag in weiten Teilen für enttäuschend: „Vieles bleibt wirtschaftlich unvernünftig und bedeute weniger Flexibilität für die Unternehmen, dafür aber ein Mehr an Belastung und Regulierung.“
Abzuwarten ist somit, welche Veränderungen im politischen Diskurs zu Tage treten. An diese Themen knüpfen wir am 27. und 28. Februar 2018 auf unserem diesjährigen Kongress Arbeitsrecht (www.kongress-arbeitsrecht.de) unter der Schirmherrschaft der BDA an. Dabei wird der inhaltliche Schwerpunkt auf dem schnellen Wandel des Arbeitsrechts liegen. Sie sind herzlich eingeladen, an der Veranstaltung teilzunehmen.

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