Literaturtipp: Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things

Von Dr. Thomas Sassenberg, LL.M. und Dr. Tobias Faber (Hrsg.), Verlag C. H. Beck, München 2107, 538 Seiten, Preis: 149 Euro
 

Die Wirtschaft – sowohl Produktions- als auch Dienstleistungsbetriebe sowie deren Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten – befindet sich in einem rasanten Umbruch: Die vierte industrielle Revolution und das Internet of Things, Services und Processes (IoTSP) hat begonnen und schreitet rasch sowie unaufhaltsam voran. Kernbegriffe sind Digitalisierung, Vernetzung, Automatisierung, miteinander kommunizierende und kooperierende Maschinen/Anlagen, Big Data, intelligente Fabriken (smart factory), autonomes Fahren (smart cars), intelligente Energienetze (smart Grids), kollaborative und humanoide Roboter, die ihre früheren (Schutz-)Käfige verlassen und mit bzw. für Menschen oder miteinander arbeiten. Skeptiker prophezeien, es könnte künftig nur noch zwei Kategorien von Beschäftigten geben – diejenigen, die die intelligenten Maschinenentwickeln, programmieren, warten etc., und diejenigen, die von den Maschinen gesteuert werden. Damit verbunden sind völlig neue rechtliche Fragestellungen, z. B. nach Verantwortung und Haftung, Datenschutzfragen, IT-Recht, telekommunikationsrechtlichen Regelungen, einer entpersonalisierten und vom Betrieb entkoppelten Arbeit oder wer Eigentümer/Urheber von Daten oder Prozessen ist, auf die die herkömmliche Rechtsordnung aktuell ansatzweise vorbereitet ist und Gesetzgebung und Rechtsprechung quasi noch „in den Kinderschuhen stecken“. Das von 26 mit der Materie befassten Autoren – überwiegend Rechtsanwälte, aber auch Hochschullehrer, Inhouse-Juristen und ein Richter – bearbeitete Rechtshandbuch Industrie 4.0 und Internet of Things hat sich zum Ziel gesetzt:
• den aktuell vorhandenen Diskussionsstand zusammenzufassen,
• den rechtlichen Querschnitt aufzuzeigen,
• darzustellen, was bei den einzelnen rechtlichen Problemstellungen zu berücksichtigen ist und welche Lösungsansätze die bestehende Rechtslage (de lege lata) bietet.

Das Werk gliedert sich in fünf Teile: 1. Einführung, 2. Allgemeiner rechtlicher Rahmen (A. Schutz von maschinengenerierten Daten, B. Forschung, Entwicklung sowie Kooperationen, C. Haftungsfragen bei vernetzten und autonomen Systemen, D. Anforderungen Telekommunikationsrecht, E. Datenschutz & IT-Sicherheit, F. Kartellrechtlicher Rahmen, G. Arbeitsrecht), 3. Besonderheiten bei Vertragsschluss und -gestaltung (A. Vertragsabschluss beim IoT Rechtsgeschäft, B. Anforderungen bei Verbraucherverträgen, C. Vertragstypen und Herausforderungen der Vertragsgestaltung), 4. Besonderheiten ausgewählter Bereiche (A. Digitalisierung des Gesundheitswesens e-Health, B. Automatisiertes Fahren [Automotive], C. Digitalisierung des Energiesektors [Smart Grids], D. Digitalisierung der Versicherungswirtschaft [Insurance], E. Digitalisierung der Elektroindustrie [Smart Factory], F. Digitalisierung der Bankenwelt [FinTech]) sowie 5. Europäische und amerikanische Perspektiven (A. Zukünftige Regulierung des IoT in Europa, B. Regulation and Self- Regulation of IoT in US). Es folgt ein elfseitiges Stichwortverzeichnis. In einer Folgeauflage wäre ein Kapitel über Legal Tech wünschenswert. Im arbeitsrechtlichen Teil (2 G) werden dargestellt: Neue Arbeitsformen, Auswirkungen auf den Arbeitsort (Mobiles Arbeiten, Telearbeit, Rechtsfragen der Matrix), Arbeitszeitfragen, Entpersonalisierte Arbeit – Ausübung von Weisungsrechten in Industrie 4.0, Digitalisierung und Automatisierung als Kündigungsgrund, betriebliche Mitbestimmung in Industrie 4.0 (einschließlich Fremdpersonal durch Crowdworking), Technischer Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz sowie Arbeitnehmerdatenschutz und Mitarbeiterkontrolle.

Die einzelnen Kapitel beginnen mit einer Gliederungsübersicht und einem Literaturverzeichnis vor den Erläuterungen. Die Übersichtlichkeit wird durch Randziffern, übersichtliches Layout, Schaubilder bzw. grafische Darstellungen, ausgewählten Fettdruck und Fußnoten mit Verweisen auf Rechtsprechung (mit Datum, Aktenzeichen und Fundstelle) und Literatur gefördert. Zahlreiche optisch hervorgehobene Praxistipps (z. B. Teil 2 E Rdnrn. 108, 150 zum Datenschutz) und Checklisten geben wichtige Hinweise, bspw. zu Regelungsgegenständen einer Vereinbarung über mobiles Arbeiten (Teil 2 G Rdnr. 28), Verwendung von Softwareagenten für autonome Vertragsschlüsse (Teil 3 A Rdnr. 57) oder Vertragsgestaltung (Teil 3 C Rdnr. 153).

Fazit: Wer sich als Rechtsanwalt, Unternehmensjurist, Personalverantwortlicher oder Rechtspraktiker mit den vernetzten Geschäftsmodellen beschäftigt, findet im Rechtshandbuch Industrie 4.0 praxistaugliche Lösungsansätze zu oft noch ungeklärten Fragen. Das Werk erschließt in dieser Form erstmalig und zusammenhängend sowie übergreifend die Rechtsfragen der neuen Technologien und Prozesse. Es hat das Zeug, die Rechtsentwicklung in diesem Bereich maßgebend voranzubringen und künftig – de lege ferenda – darauf Einfluss zu nehmen.

RA Volker Stück, Aschaffenburg

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