Nachträgliche und teilweise Vereinbarung von Schwarzarbeit: keine Ansprüche

Eine nur nachträgliche und nur teilweise vorhandene Schwarzgeldabrede führt zu einer vollständigen Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG, § 134 BGB. Es bestehen deshalb keine gegenseitigen Ansprüche, weder Mängel- noch Rückzahlungsansprüche des Bestellers noch Zahlungsansprüche des Werkunternehmers.
(Leitsätze des Bearbeiters)

BGH, Urteil vom 16. März 2017 – VII ZR 197/16

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Bild: Stefan-Yang / stock.adobe.com
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Problempunkt

Der Beklagte hatte im privaten Wohnhaus des Klägers den alten Teppichboden entfernt und einen neuen Bodenbelag beschafft sowie verlegt. Später trat der Kläger wegen Mängel der Arbeiten vom Vertrag zurück und begehrte die Rückerstattung des gezahlten Werklohns i. H. v. 15.019,57 Euro. Die Instanzgerichte wiesen die Klage ab. Das Berufungsgericht (OLG Bamberg) stellte fest, dass die Parteien zuerst einen Vertrag über die Arbeiten zum Preis von über 16.164,38 Euro geschlossen hatten. Kurze Zeit später habe man sich dann geeinigt, dass der Beklagte eine Rechnung lediglich über 8.619 Euro erstellt. Weitere 6.400 Euro sollten in bar gezahlt werden. Den Betrag der so erstellten Rechnung überwies der Kläger; weitere – in der Höhe streitige – Zahlungen leistete er in bar. Der Vertrag sei laut OLG Bamberg wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig (§ 134 BGB). Deshalb habe der Kläger keine Mängelansprüche und könne die Rückzahlung weder aus Rücktritt noch aus ungerechtfertigter Bereicherung verlangen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

Entscheidung

Die Revision war erfolglos. Der BGH hat in mehreren Urteilen seit 2013 entschieden, dass bei einer (auch nur teilweisen) „Ohne-Rechnung- Abrede“ ein Werkvertrag nichtig ist, wenn die Parteien bewusst gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 Schwarz- ArbG verstoßen, indem sie vereinbaren, dass für eine Barzahlung keine Rechnung gestellt und keine Umsatzsteuer gezahlt werden sollte (§ 14 UStG). Dann bestehen keine gegenseitigen Ansprüche, weder Mängel- noch Rückzahlungsansprüche des Bestellers noch Zahlungsansprüche des Werkunternehmers (vgl. u. a. BGH, Urt. v. 14.12.2016 – IV ZR 7/15, NZA 2017, S. 454). Wer das im SchwarzArbG enthaltene Verbot bewusst missachtet, soll nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben und veranlasst werden, das verbotene Geschäft nicht abzuschließen. Durch das SchwarzArbG soll nicht allein einer Steuerhinterziehung begegnet und damit ein fiskalischer Zweck verfolgt, sondern vielmehr auch die mit der Schwarzarbeit einhergehende Wettbewerbsverzerrung verhindert oder zumindest eingeschränkt werden. Ferner besteht kein Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB), weil die Aufwendungen im Hinblick auf den mit der Ausführung des Geschäfts verbundenen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nicht für erforderlich i. S. d. § 670 BGB gehalten werden durften (BGH, Urt. v. 10.4.2014 – VII ZR 241/13, NJW 2014, S. 1805).

Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise, wenn ein zunächst nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßender Vertrag nachträglich durch eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ so abgeändert wird, dass er nunmehr von dem Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG erfasst wird.

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Konsequenzen

2014 lag die Summe der Schäden durch Schwarzarbeit bei knapp 795 Millionen Euro. Die rund 6.700 Zöllner der Finanzkontrolle Schwarzarbeit überprüften 513.000 Beschäftigte und 63.000 Arbeitgeber. Insgesamt wurden 102.974 Ermittlungsverfahren wegen Straftaten auf dem Gebiet der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung eingeleitet. Die Umgehung der gesetzlichen Vorschriften führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrags, wenn der Werkunternehmer vorsätzlich gegen das SchwarzArbG verstößt und der Besteller das weiß und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. Wer schwarz arbeitet bzw. arbeiten lässt, geht deshalb sehr hohe rechtliche Risiken ein: Der Werkunternehmer muss damit rechnen, dass der Besteller trotz erbrachter (Vor-) Leistung später die Rechnung einfach nicht bezahlt und er „umsonst“ gearbeitet hat. Der Besteller kann u. U. Gewährleistungsansprüche wegen mangelhafter Leistungen nicht durchsetzen. Hinzu kommen gewerberechtliche Risiken in Form der Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit (§ 35 GewO), die Gefahr einer Strafverfolgung wegen Sozialversicherungsbeitrags- und Steuerhinterziehung (§ 266a StGB, § 370 AO), Nachzahlungen von hinterzogenen Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen bei Entdeckung sowie negative Presse und Imageschäden. Zudem besteht demnächst die Gefahr, auf eine „Black- List“ aufgenommen und bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen nicht (mehr) berücksichtigt zu werden: Das BMWi hat am 20.2.2017 einen Referentenentwurf für das „Gesetz zur Einführung eines Wettbewerbsregisters“ (WRegG) veröffentlicht, das noch in der laufenden Legislaturperiode verabschiedet werden soll. Eingetragen werden – neben Kartellrechtsverstößen, Steuerhinterziehung, Bestechung, Betrug u. Ä. – Verstöße gegen das SchwarzArbG, AÜG, AEntG und das MiLoG.

Praxistipp

Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt, sondern handfeste Wirtschaftskriminalität: Sie ist incompliant. Sowohl Besteller als auch Werkunternehmer sollten hiervon die Finger lassen. Die rechtlichen wie wirtschaftlichen Risiken und Folgen für beide Parteien sind sehr hoch.

RA Volker Stück, Aschaffenburg

Redaktion (allg.)

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