Konkretes Angebot bei Änderungskündigung

1. Eine Änderungskündigung ist unwirksam, wenn das Änderungsangebot des Arbeitgebers nicht so konkret gefasst ist, dass dem Arbeitnehmer ohne Weiteres klar ist, welche Arbeitsbedingungen zukünftig gelten sollen.

2. Ein Änderungsangebot, das bezüglich der Arbeitsbedingungen auf verschiedene Tarifverträge verweist, ist unklar, wenn im Zeitpunkt des Zugangs nicht feststeht, ob und in welchem Umfang der eine oder der andere Tarifvertrag gelten soll.

(Leitsätze des Bearbeiters)

BAG, Urteil vom 15. Januar 2009 – 2 AZR 641/07

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Bild: Corgarashu / stock.adobe.com
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Problempunkt

Der Kläger war seit dem 25.10.1999 bei dem beklagten Zeitarbeitsunternehmen als Produktionshelfer tätig. Mit Schreiben vom 24.11.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.1.2006 aus betriebsbedingten Gründen. Sie bot dem Kläger gleichzeitig ein Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen an. Danach sollte ab dem 1.2.2006 das zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. vereinbarte Tarifwerk Anwendung finden. Für den Fall, dass dieses unwirksam ist, sollte das zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personaldienstleistungen e.V. (BZA) und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB vereinbarte Tarifwerk gelten. Die Beklagte behielt sich außerdem vor, das Tarifwerk des BZA anzuwenden, wenn der Kunde der Beklagten dies zwingend verlangt.

Die Beklagte begründete die Änderungskündigung mit der gesetzlichen Neuregelung der Zeitarbeit. Seit dem 1.1.2004 gilt das Gebot des Equal Treatments. Danach darf der Verleiher den Leiharbeitnehmer nicht zu schlechteren Konditionen beschäftigen als sie für vergleichbare Stammmitarbeiter im Einsatzbetrieb gelten. Eine Ausnahme besteht nur, wenn ein Tarifvertrag abweichende Regelungen zulässt und auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

Die Beklagte behauptete, es sei ihr wirtschaftlich unmöglich, den Kläger unter den Bedingungen des Equal Treatments einzusetzen. Deshalb sei sie im Wege der Änderungskündigung berechtigt, eine Tarifbindung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der Überprüfung durch die Arbeitsgerichtsbarkeit an. Die Vorinstanzen hielten die Kündigung für unwirksam.

Entscheidung

Das BAG schloss sich dieser Meinung an. Dabei ließ es ausdrücklich offen, ob aufgrund der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eine Änderungskündigung mit dem Zweck, eine Tarifbindung herbeizuführen, grundsätzlich zulässig ist. Das Änderungsangebot der Beklagten im konkreten Fall war nicht hinreichend bestimmt. Daher brauchten die Erfurter Richter diese Frage nicht entscheiden.

Das mit einer Kündigung unterbreitete Änderungsangebot muss konkret gefasst, d. h. eindeutig bestimmt oder zumindest bestimmbar sein, so dass der Arbeitnehmer es ohne Weiteres annehmen kann. Da er nur begrenzt Zeit hat, das Angebot zu prüfen, muss im Zeitpunkt des Zugangs zweifelsfrei klar sein, zu welchen neuen Arbeitsbedingungen das Arbeitsverhältnis nach dem Willen des Arbeitgebers fortbestehen soll. Dies gebietet die Rechtssicherheit.

Diesen Anforderungen genügte das Änderungsangebot der Beklagten nicht. Es nimmt auf verschiedene Tarifwerke Bezug. Für den Kläger war nicht erkennbar, welches tatsächlich gelten soll. Die Anwendung der Tarifverträge des BZA hängt davon ab, dass die der CGZP unwirksam sind oder der Kunde dies wünscht. Er konnte daher im Zeitpunkt des Änderungsangebots nicht feststellen, nach welchen Tarifverträgen sich sein Arbeitsverhältnis richten würde. Selbst wenn im Zweifel die dem Arbeitnehmer günstigeren Regelungen gelten, waren die Vertragsänderungen für den Kläger nicht bestimmbar, da auch der Günstigkeitsvergleich oft keine eindeutigen Ergebnisse bringt.

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Konsequenzen

Das BAG setzt seine strenge Linie für Änderungskündigungen fort. Diese müssen sich auf das erforderliche Maß beschränken und die Änderungen eindeutig erkennen lassen. Das erfordert vom Arbeitgeber, sehr sorgfältig zu formulieren. Bei Verweis auf ein Tarifwerk sollte er sich konkret festlegen, auf welches. Das Risiko, dass dieses unwirksam ist, – so wie hier bei der CGZP, der die Arbeitsgerichte nun in zweiter Instanz die Tariffähigkeit abgesprochen haben – kann er nicht dadurch auf den Arbeitnehmer abwälzen, dass er für diesen Fall auf ein anderes Tarifwerk verweist.

Praxistipp

Bei einer Änderungskündigung ist genau festzulegen, aus welchem Grund die Beschäftigungsmöglichkeit zu den bisherigen Bedingungen weggefallen ist. Unternehmen können nur solche Änderungen in das Änderungsangebot aufnehmen, die geeignet und erforderlich sind, den Inhalt des Arbeitsvertrags den veränderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Die neuen Bedingungen dürfen sich daher vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses nicht weiter entfernen als erforderlich ist, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Diese Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen. Für die Umsetzung gibt es deshalb zwei Möglichkeiten:

> Der Arbeitgeber formuliert nur die tatsächlich erforderlichen Änderungen neu und verweist im Übrigen auf die bisher bestehenden Arbeitsbedingungen.

> Er legt dem Mitarbeiter einen vollständig neuen Arbeitsvertrag vor, den dieser ohne Weiteres annehmen kann. Die Formulierungen sollten aber – bis auf die Änderungen – mit dem bestehenden Arbeitsvertrag identisch sein.

RA und FA für Arbeitsrecht Dr. Reinhard Möller, Rechtsanwälte Bartsch und Partner, Karlsruhe

Redaktion (allg.)

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