Problempunkt
Im März 1997 schloss die beklagte Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich/Sozialplan ab, dem als Anlage eine Namens-liste der zur Kündigung bzw. zur Versetzung vorgesehenen Arbeitnehmer beigefügt war. Sie enthielt auch den Namen des Klägers. Dieser wandte sich gegen die zum 30. Juni 1997 ausgesprochene Kündigung und rügte, dass trotz Interessenausgleichs ein Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG hätte durchgeführt werden müssen. Zudem sei bei den Verhandlungen über den Interessenausgleich der Betriebsrat nicht ausreichend über die betrieblichen Gründe zur Kündigung des Klägers und die erforderliche soziale Auswahl informiert worden.
Das BAG ging ebenso wie das LAG von einem Verstoß gegen die Anhörungspflicht nach § 102 BetrVG aus. Der 2. Senat schloss sich damit dem LAG Düsseldorf (Urt. v. 25.2.1998, LAGE § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 9) sowie der herrschenden Meinung im Schrifttum an ( vgl. nur Etzel, KR, 5.Aufl. 1998, § 1 KSchG Rdnr. 748; a.A. dagegen Giesen, ZfA 1997, S. 175), die trotz Erstellens eines Interessenausgleichs mit Namensliste eine Anhörung verlangen. Das Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 habe § 102 BetrVG nicht für unanwendbar erklärt, und auch die Gesetzesmaterialien ließen keinen Schluss auf einen entgegengesetzten Willen des Gesetzgebers zu. Gegen ein mögliches Redaktionsversehen spreche zudem der Umkehrschluss aus § 1 Abs. 5 KSchG a. F., wonach der qualifizierte Interessenausgleich die Stellungnahme des Betriebsrats ersetzt.
Ferner verwies das BAG auf die unterschiedlichen Regelungszwecke von § 1 Abs. 5 KSchG a. F. und § 102 BetrVG. Im Gegensatz zum Zweck erstgenannter Regelung soll der Arbeitgeber durch § 102 BetrVG veranlasst werden, die geplante Kündigung als Individualmaßnahme zu überdenken und möglicherweise von ihr abzusehen.
Dem Urteil ist ferner zu entnehmen, dass es möglich ist, die Anhörung nach § 102 BetrVG mit den Verhandlungen über die Namensliste zu verbinden. Da jedoch der Wortlaut der Namensliste im zu entscheidenden Fall keinen Anhaltspunkt für eine derartige Auslegung bot und die Beklagte auch sonst keine hinreichenden Tatsachen für eine ordnungsgemäße Anhörung vorgetragen hatte, erfolgte keine weitere Auseinandersetzung mit dieser Problematik.
Entscheidung
Das BAG ging ebenso wie das LAG von einem Verstoß gegen die Anhörungspflicht nach § 102 BetrVG aus. Der 2. Senat schloss sich damit dem LAG Düsseldorf (Urt. v. 25.2.1998, LAGE § 1 KSchG Interessenausgleich Nr. 9) sowie der herrschenden Meinung im Schrifttum an ( vgl. nur Etzel, KR, 5.Aufl. 1998, § 1 KSchG Rdnr. 748; a.A. dagegen Giesen, ZfA 1997, S. 175), die trotz Erstellens eines Interessenausgleichs mit Namensliste eine Anhörung verlangen. Das Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 habe § 102 BetrVG nicht für unanwendbar erklärt, und auch die Gesetzesmaterialien ließen keinen Schluss auf einen entgegengesetzten Willen des Gesetzgebers zu. Gegen ein mögliches Redaktionsversehen spreche zudem der Umkehrschluss aus § 1 Abs. 5 KSchG a. F., wonach der qualifizierte Interessenausgleich die Stellungnahme des Betriebsrats ersetzt.Ferner verwies das BAG auf die unterschiedlichen Regelungszwecke von § 1 Abs. 5 KSchG a. F. und § 102 BetrVG. Im Gegensatz zum Zweck erstgenannter Regelung soll der Arbeitgeber durch § 102 BetrVG veranlasst werden, die geplante Kündigung als Individualmaßnahme zu überdenken und möglicherweise von ihr abzusehen.
Dem Urteil ist ferner zu entnehmen, dass es möglich ist, die Anhörung nach § 102 BetrVG mit den Verhandlungen über die Namensliste zu verbinden. Da jedoch der Wortlaut der Namensliste im zu entscheidenden Fall keinen Anhaltspunkt für eine derartige Auslegung bot und die Beklagte auch sonst keine hinreichenden Tatsachen für eine ordnungsgemäße Anhörung vorgetragen hatte, erfolgte keine weitere Auseinandersetzung mit dieser Problematik.
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Konsequenzen
Praxistipp
Die Entscheidung bestätigt die bisherige Rechtsprechung, die in Übereinstimmung mit der herrschenden Literaturansicht davon ausgeht, dass § 102 BetrVG nicht durch § 1 Abs. 5 KSchG a. F. verdrängt wird. Die Möglichkeit, die Anhörung mit der Erstellung eines Interessenausgleichs zu verbinden, wird ebenfalls sowohl von der Rechtsprechung als auch von der herrschenden Meinung in der Literatur angenommen. Doch auch bei Nutzung dieser Möglichkeit, trägt der Arbeitgeber für die ordnungsgemäße Anhörung die Darlegungs- und Beweislast (vgl. dazu Kohte, BB 1998, S. 946,[950]).
Alexandra König, Halle (Saale)
Redaktion (allg.)
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Problempunkt
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