Altersteilzeit: Bestimmtheit des Änderungsangebots
Problempunkt
Arbeitnehmer können gegenüber dem Arbeitgeber aus unterschiedlichen Rechtsgründen einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Altersteilzeitverhältnis haben. Zur Geltendmachung eines solchen Anspruchs bedarf es eines ordnungsgemäßen Antrags des Mitarbeiters. Fraglich ist aber, wie konkret der Antrag gestellt sein muss, um ggf. auch gerichtlich durchsetzbar zu sein.
Im vorliegenden Fall hatte eine Beschäftigte beantragt, „die Durchführung der Altersteilzeit ab spätestens Dezember 2009“ vorzunehmen. Der Arbeitgeber lehnte dies ab.
Das Berufungsgericht hat die daraufhin erhobene Klage auf Zustimmungsersetzung des Arbeitgebers abgewiesen, da das Angebot der Arbeitnehmerin nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Nach § 894 Satz 1 ZPO könne die Ersetzung der Annahme des Unternehmens durch Urteil nur erfolgen, wenn das Angebot des Mitarbeiters den Erfordernissen des § 145 BGB entspreche, also hinreichend bestimmt ist.
Entscheidung
Das BAG ist dem im Ergebnis gefolgt. Das Angebot eines Arbeitnehmers auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss danach als Willenserklärung so bestimmt sein, dass es mit einem einfachen „Ja“ angenommen werden kann. Andernfalls kann keine Ersetzung der Annahme durch gerichtliches Urteil nach § 894 Satz 1 ZPO erfolgen.
Das Angebot muss folglich so präzise sein, dass nach dessen Annahme durch ein bloßes „Ja“ kein Zweifel daran bestehen darf, welchen Inhalt der Vertrag hat (so auch bereits BAG, Urt. v. 12.8.2008 – 9 AZR 620/07).
Daran fehlte es im zu entscheidenden Fall. Das Angebot der Beschäftigten hat offengelassen, für welchem konkreten Zeitraum die Altersteilzeit vereinbart werden sollte. Weder war ein Zeitpunkt für den Beginn der Altersteilzeit, noch für deren Dauer angeboten worden. Auch war nicht erkennbar, in was für einem Zeitmodell die Altersteilzeit erfolgen sollte (etwa Block- oder Teilzeitmodell). Schließlich ergab sich aus dem unterbreiteten Angebot auch nicht, dass der Arbeitgeber ein einseitiges Bestimmungsrecht für sämtliche offenen Fragen erhalten solle.
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Konsequenzen
Das Gericht hat bei der Auslegung des Angebots auf die allgemeinen Grundsätze der §§ 133, 157 BGB abgestellt, wonach eine Willenserklärung so zu verstehen ist, wie der Empfänger der Erklärung diese bei objektiver Betrachtung verstehen müsse.
Besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf den Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung, muss der Mitarbeiter diesen auch ordnungsgemäß geltend machen. Dem Unternehmen ist ein solches Angebot zu unterbreiten, das dieses nur noch anzunehmen braucht. Diese Grundsätze sind so richtig wie trivial, da das Angebot den allgemeinen Regeln zu den Willenserklärungen nach dem Allgemeinen Teil des BGB unterliegt.
Praxistipp
Arbeitnehmer müssen zwischen dem Stadium des Verhandelns über den konkreten Zeitpunkt der Altersteilzeit und dem Stellen des entsprechenden Antrags differenzieren. In einem bereits belasteten Arbeitsverhältnis gilt dies umso mehr. Will der Beschäftigte seinen Anspruch streitig durchsetzen, muss er diesen zunächst präzise gestellt haben.
Der Arbeitgeber hingegen hat keinerlei Verpflichtung zur Entfaltung eigener Aktivitäten. Er muss sich nur zu gestellten Anträgen verhalten.
RA und FA für Arbeitsrceht Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule Bremen, Direktor Kompetenz-Centrum für Wirtschaftsrecht, Hamburg
Redaktion (allg.)
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