Literaturtipp: Der Tarifvertrag

Von Prof. Dr. Martin Henssler, Dr. Wilhelm Moll, Prof. Klaus Bepler (Hrsg.), 2. Neu bearbeitete Auflage, Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln 2016, 1.367 Seiten, Preis: 159 Euro

In der arbeitsrechtlichen Normenhierarchie steht direkt unter dem Gesetz der Tarifvertrag, dem Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag und Weisungsrecht folgen. Im Jahr 2015 unterlagen in der BRD 57 %aller Beschäftigten einem Tarifvertrag (48 % Branchen-, 9 % Firmen-TV) und weitere 22 % der Beschäftigungsverhältnisse orientierten sich an Tarifverträgen. 27 % der Betriebe waren selbst an einen Branchen-, 2 % an einen Firmen-TV gebunden und knapp ein Drittel der Betriebe ohne Tarifbindung orientierte sich an Tarifverträgen (Quelle: www.boeckler.de/wsitarifarchiv_2257.htm). Die immens hohe Bedeutung des Tarifvertrags liegt damit auf der Hand. Das TVG ist übersichtlich, wenig kodifiziert und wurde im Laufe der Zeit von der Rechtsprechung entwickelt, wobei gerade die letzte Zeit durch Dogmenwechsel geprägt ist, die fortwirken, z. B. die Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit (Teil 9 Rdnr. 101 ff.), die CGZP-Entscheidungen (Teil 2 Rdnr. 197 ff.) oder die OT-Mitgliedschaft (Teil 2 Rdnr. 154) sowie Blitzaustritte (Teil 2 Rdnr. 174). Neben dem Auftreten von kleinen Spartengewerkschaften (bspw. GdL, Cockpit) als neue Player am Koalitionsmarkt suchen sich die Gewerkschaften auch neue Spielfelder, z. B. Tarifsozialpläne (Teil 12 Rdnr. 120 ff.) oder tarifliche Regelung der Leiharbeit (Branchenzuschläge, Quoten, Übernahme, Teil 4 Rdnr. 52 f.). Auch der Gesetzgeber ist aktiv geworden durch das seit dem 10.7.2015 geltende Tarifeinheitsgesetz (Teil 9 Rdnr. 109 ff.) sowie das Tarifautonomiestärkungsgesetz mit MiLoG (Teil 7 Rdnr. 153, 234) oder die Verordnung zur Lohnuntergrenze in der Leiharbeit (Teil 7 Rdnr. 222).
In diesem ebenso komplexen wie dynamischen Umfeld den Überblick zu behalten, dazu will das neu aufgelegte Handbuch mit seiner systematischen Darstellung des gesamten Tarifrechts beitragen. Im Mittelpunkt stehen neben den dogmatischen Grundlagen vor allem die Fallgestaltungen aus der Praxis, die meist gesetzlich ungeregelt sind. Die Herausgeber und insgesamt 18 Autoren aus Wissen-, Richter- sowie Anwaltschaft und betrieblicher Praxis sind durch Veröffentlichungen und Vorträge als Experten des Tarifrechts bekannt.
Das Buch gliedert sich in 17 Teile: 1. Grundlagen des Tarifvertragsrechts, 2. Tarifvertragsparteien, 3. Zustandekommen, Inhaltsbestimmung und Beendigung des Tarifvertrages, 4. Inhalt des Tarifvertrages, 5. Katalog typischer Tarifnormen, 6. Normative Tarifgebundenheit kraft Mitgliedschaft, 7. Tarifgebundenheit kraft staatlicher Anordnung, 8. Geltungsbereich, 9. Wirkung von Tarifnormen, 10. Tarifgebundenheit durch Inbezugnahme, 11. Haustarif, 12. Sanierungstarifvertrag, 13. Betriebliche Beschäftigungsbündnisse, 14. Gewillkürter Tarifverlust, 15. Unternehmensumstrukturierung und Tarifwechsel, 16. Gerichtliche Durchsetzung tariflicher Ansprüche und 17. Internationales Tarifvertragsrecht. Die Teile sind einheitlich aufgebaut: Inhaltsübersicht, Literaturverzeichnis und Erläuterungen. Für die Praxis von besonderer Bedeutung ist der 5. Teil mit 25 typischen Tarifklauseln (A–Z) auf 256 Seiten von Altersgrenzen über Arbeitszeit, Befristungsregeln, Eingruppierung, Kurzarbeit, Standortsicherung, Urlaub bis zu Zulagen/Zuschläge. Diese sind jeweils untergliedert in Zweck/Kontext, Beispiele, Musterklauseln und Kommentierung. Dabei werden die rechtliche Wirksamkeit erläutert und Gestaltungsalternativen aufgezeigt.
Das Handbuch zeichnet ein ideales Maß zwischen wissenschaftlichem Tiefgang und Dogmatik, die für das Verständnis unerlässlich sind, einerseits und praktischen Erfordernissen andererseits aus. Rechtsprechung und Literatur sind berücksichtigt bis Januar 2016. Das übersichtliche Layout, verwirklicht durch Absätze, Randziffern, Fettdruck der Schlüsselworte und spärliche Verwendung von Abkürzungen, erleichtert die Arbeit. Ein 28-seitiges Stichwortverzeichnis verschafft einen raschen Einstieg. Alle Urteile werden in Fußnoten mit Datum, Aktenzeichen und Fundstelle zitiert, so dass sie gut recherchiert werden können und der Lesefluss im Text nicht gestört wird.

Fazit: Der „HMB“ erhebt den Anspruch und hat auch das Rüstzeug, im Tarifvertragsrecht das Pendant zum „Preis“ im Arbeitsvertragsrecht zu sein, d. h. das Standardwerk. Er ist der Leuchtturm im trüben Nebel des Tarifrechts und weist dem Anwender zuverlässig den sicheren Weg. Die Anschaffung ist allen in Gestaltung, Auslegung, Prüfung und Durchsetzung von Tarifverträgen Tätigen zu empfehlen.

Rechtsanwalt Volker Stück, Aschaffenburg

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